Testosteron – Benzin für den Mann
Die Testosteronsupplementierung ist uns am ehesten im Rahmen der exzessiven Anwendung bei Bodybildern bekannt. Nichts desto trotz darf man vergessen, dass im physiologischen Bereich das Testosteron für den Mann unerläßlich ist, stellt es ja das „Powerhormon“ für den Mann dar. Das Sternzitat aus dem Jahr 2001 lautet wie folgt: „Seit der Mann aus der Höhle kroch, ist der Mann programmiert loszustürmen und die Welt zu erobern, sei es mit dem Speer oder hinterm Lenkrad“. Allein aus diesem Zitat ersehen wir schon, dass die Testosteronsteuerung einerseits für den Jagdinstinkt unerlässlich ist, allerdings führt es sicherlich auch zu den negativen Auswirkungen wie z. B. erhöhte Risikobereitschaft und auch aggressiveres Verhalten im Straßenverkehr.
Warum braucht der Mann nun das Testosteron?
Studien beweisen, dass erhöhte Testosteronspiegel die Attraktivität und das Durchsetzungsvermögen des Mannes erhöhen. So ist bekannt, dass Sportler,Wirtschaftsbosse, Politiker und Primarii erhöhte Testosteronwerte im Vergleich zu Ihren Untergebenen aufweisen. Die Testosteronausschüttung reagiert sehr rasch, so läßt der Anblick einer schönen Frau das Testosteron binnen weniger Minuten signifikant in die Höhe schnellen. Man weiß auch, dass Ehemänner niedere Testosteronwerte haben, als Singles oder geschiedene Männer. Dies hat sicher mit der Suche nach einer neuen Partnerin zu tun (Erhöhung der Attraktivität………).
Epidemiologisch zeigt sich, dass Männer eine durchschnittlich 7 Jahre kürzere Lebenserwartung haben. Zwischen dem 25. und 65. Lebensjahr sterben Männer 4x häufiger an Infarkten, Männer sind häufiger depressiv und Männer verlieren zwischen dem 20. und 70. Lebensjahr etwa 7 bis 9 kg Muskelmasse. Diese wird teilweise exzessiv durch Fett substituiert und so steigt der Fettanteil in dieser Zeit um etwa 20 bis 30%.
Der sekundäre Hypogonadismus, in der Fachliteratur auch PADAM genannt = Partielles Androgendefizit des alternden Mannes, kommt durch die verminderte LHRH-Sekretion im Alter zustande. Dadurch wird LH (luteinisierendes Hormon) mit geringerer Frequenz und Amplitude ausgeschüttet. Somit wird die Synthese von Testosteron in den Leydigzellen reduziert. Gleichzeitig steigt die Produktion von sexualhormonbindendem Globulin im Alter signifikant an (durch eine Abnahme vom Wachstumshormon). Dabei sinkt der Anteil des freien bzw. biologisch aktivem Testosteron über das Ausmaß der „Nettotestosteronsynthese“. Wichtig ist aber, dass eher die Abnahme des Testosterons zum Auftreten der Testosteronmangel-Symptomatik führt, als der Absolutwert. Ideal wäre eine Testosteronmessung im 30. bis 40. Lebensjahr, um den Testosteronausgangswert zu kennen. Nicht so sehr ist der absolute Testosteronspiegel entscheidend, sondern es sollte eher die Symptomatik die Indikationsstellung zur Testosteronsubstitution darstellen. Die Symptome des Testosteronmangels sind manigfach. Sie beinhaltet die Abnahme der allgemeinen Leistungsfähigkeit, Abnahme der Muskelkraft, Zunahme des Körperfettes, Konzentrationsschwierigkeiten, allgemeine Abgeschlagenheit, Schlafstörungen, Aggressivität, Depression, Schweißausbrüche, Osteoporose, Libidoverlust und Erektile Dysfunktion. Wichtig ist aber zu bedenken, dass eine Vielzahl von anderen Erkrankungen (Diabetes mellitus, KHK, Hypertonie, etc.) ähnliche Symptome macht und deshalb immer die Differenzialdiagnose zu anderen Erkrankungen gestellt werden muss. Ganz entscheidend ist die Abgrenzung zur Depression – sämtliche PADAM-Symptome finden sich auch bei der Depression. So werden sicherlich auch viele Patienten wegen einer Altersdepression behandelt, dabei liegt ein Testosteronmangel mit einer entsprechenden PADAM-Symptomatik zugrunde. Der Urologe/Androloge ist aufgerufen, auch im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Psychiatern auf diese Differenzialdiagnose hinzuweisen, da mittels einer suffizienten Testosteronsubstitution diesen „depressiven Patienten“ sehr gut geholfen werden kann.
Die Prävalenz des Hypogonadismus ist in der Altersgruppe unter 50 Jahren mit 5-7% gering, über dem 50. Lebensjahr leiden etwa 20 bis 30% der Männer an einem Testosteronmangel. Nochmals sei aber darauf hingewiesen, dass lediglich ein Hypogonadismus mit entsprechender Testosteronmangelerscheinungen eine Indikationsstellung zur Ersatztherapie darstellt. In den Guidelines zur Testosteronsubstitution von Morales aus dem Jahr 1996 steht unter Punkt 2, dass kein Patient zu alt ist, um mit der Testosteronsubstitutionstherapie zu beginnen, wenn eine klare Indikation vorliegt. Der hypogonadotrope Patient benötigt normalerweise diese Testosteronersatztherapie lebenslang! Diese Leitlinie hat sich bis ins Jahr 2016 nicht geändert.
Testosteron – verschiedene Applikationsformen der Hormonersatztherapie
Orale Substitutionsform:
Die orale Testosteron-Ersatztherapie mittels Testosteron-Undecanoat (z. B. Andriol-Testocaps®) hat sicherlich einen Vorteil in Hinblick auf eine angenehme Darreichungsform. Orales Testosteron wird allerdings sehr rasch im Gastrointestinaltrakt absorbiert und über den portalen Kreislauf zur Leber gebracht. Durch diesen „first-pass-effect“ kann lediglich die Aufnahme von 200 mg Testosteron (das entspricht der 30-fachen Testosteronmenge, welche ein Mann täglich synthestisiert) die Synthese- und Abbauleistung der Leber übertreffen, wodurch im peripheren Kreislauf Testosteron zu seinen Zielorganen gelangt. Es ist unerlässlich gleichzeitig zur Medikamenteneinnahme fettreiche Nahrung zu sich zu nehmen. Unter diesen Bedingungen wird bei einer Applikation von 2×80 mg täglich physiologische Testosteronspiegel im Blut gemessen. Mit der oralen Testosteronsubstitution werden auch physiologische Spiegel von Dihydrotestosteron und Östradiol erreicht. Aufgrund der schlechten Hormonspiegel wird dieses Präparat nicht von mir empfohlen.
Intramuskuläre Testosteronsubstitution:
Die intramuskuläre Testosteronsubstitution ist eine sehr effektive Therapieform, und stellt die beste Form („Goldstandard“) des Testosteronersatzes darstellte (z. B. Nebido 100mg ®). Der Vorteil liegt darin, dass nur mehr alle 3 Monate eine Injektion von 1000 mg Testosteron Undecanoat verabreicht werden muss. Sowohl die Serumtestosteronspiegel befinden sind über die gesamte Substitutionszeit im physiologischen Bereich, als auch die Metaboliten wie das Östradiol und das DHT. Allerdings kann die intramuskulär verabreichte Androgensubstitution nicht den zirkadianen Konzentrationsverlauf von Testosteron simulieren. Die 4ml ölige Suspension kann zu Schmerzen an der Injektionsstelle führen und teilweise wird eine Aufteilung der Injektionsmenge auf 2 Injektionen empfohlen. Aus meiner Sicht ist dies aber nicht nötig wenn man das Depot langsam appliziert – der Patient sollte aber auf den leicht ziehenden Schmerzen nach der Injektion vorbereitet werden, dann gibt es keine Probleme. Wichtig ist auch, dass der Metabolismus natürlich individuell verschieden ist. Manche Patienten benötigen schon nach 10 Wochen die nächste Applikation, bei manchen Männern kann man sogar bis zu 3 ½ Monate bis zu nächsten Injektion warten.
Transdermale Gels und Pflasterapplikationen Das transdermale Testosteron stellt die physiologischste Applikationsform für die Androgen-Ersatztherapie dar. TestoGel® ist eine Mischung aus Testosteron und Ethanol (zur besseren Resorption) und wird abends oder morgens auf die Haut (Oberarme, Bauch oder Oberschenkel) aufgetragen. Das Präparat ist in Europa als TestoGel® 50mg auf dem Markt und führt zu physiologischen Testosteronspiegeln. Auch die Metaboliten (Östradiol und DHT) liegen lt. Studien im physiologischen Bereich. Bei einer spätabendlichen Applikation erzielt man auch mit den Hormonspitzen in den frühen Morgenstunden einen zirkadianen Testosteronrhythmus. Testosteronpflaster: In Europa wurde die skrotale Applikationsform vom Markt genommen (Testoderm®6mg). Die transdermale Testosteronpflaster Androderm® 2,5mg und 5 mg® sind in Deutschland registriert.
Subkutane Testosteronimplantate
Diese Form der Testosteronsubstitution wird seit Beginn der pharmakologischen Testosteronsynthese angewandt. Während diese Therapieform in den USA weit verbreitet ist, spielt sie in Europa keine Rolle mehr. Die subkutanen Implantaten haben einerseits den Vorteil, daß man mit dieser Applikationsform natives Testosteron verwenden kann und physiologische Serumtestosteronspiegel für 4-5 Monate erreicht. Die Testosteron Implantate Testimplant® 100 mg und 200 mg sind nur mehr über die internationale Apotheke erhältlich. Diese Implantate bestehen aus kristallinem Testosteron und werden rückstandsfrei resorbiert. 6 Stück dieser Implantate a´ 100mg werden subkutan im Hüftbereich appliziert, dazu ist ein kleiner chirurgischer Eingriff in lokaler Betäubung nötig. Interessant sind die niedrigen Therapiekosten wenn man die Applikation nicht rechnet.
Zusammenfassung
Die genaue Indikationsstellung und die Wahl des richtigen und auch praktikabelsten Testosteronersatzpräparates muss gewissenhaft geprüft und mit dem Patienten besprochen werden. Anfangs sollte man immer ein kurz wirksames Testosteronpräparat verwenden um ggf. bei Auftreten von unerwünschten Nebenwirkungen die Therapie abbrechen zu können. Langfristig wird aber die Depotformulierung des Testosterons (Testosteronundecanoat = Nebido) von den Patienten am Besten angenommen.