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Hormonelle Störungen – Hypogonadismus und Testosteronmangel

Die Therapie der hormonellen Störungen bei bestehendem Kinderwunsch ist eine sehr aufwendige und langwierige Therapieform. Wir wissen von einigen Krankheitsbildern wie dem idiopathischen hypogonadotropen Hypogonadismus bzw. der Pubertas tarda oder dem Kalman-Syndrom, dass diese Formen der Samenproduktionsstörung sehr gut therapierbar sind, allerdings ist ein Therapiezeitraum von mindestens 1/2 Jahr und mehr notwendig.

Die Ersatztherapie besteht aus rekombinantem Follikel stimulierendem Hormon (rFSH) und Pregnyl (hMG). Dabei ist 3 x in der Woche eine kleine Spritze in das Unterhautfett notwendig und damit erzielt man eine nachhaltige und sehr gute Stimulation der Samenproduktion. Das Setzen der Spritze lernt der Patient selbst und führt sie dann zu Hause selbständig fort.

Klimakterium des Mannes ?

Das Serumtestosteron nimmt mit zunehmendem Alter des Mannes ab. Als klinisches Bild für diese Hormonveränderung wurde und wird fälschlicherweise der Begriff „Andropause oder Klimakterium virile“ verwendet. Die physikalischen Veränderungen und Symptome sind teilweise der von Frauen im Klimakterium ähnlich, allerdings treten diese Veränderungen beim Mann protrahiert und nur bei etwa 20% der Männer ein. Bei Frauen am Ende ihres reproduktiven Lebensabschnittes, findet sich eine zeitlich gut definierte Periode mit verminderter ovarieller Reservekapazität, Sistieren der monatlichen Regelblutung (Menopause), und damit verbunden eine Vielzahl hormoneller und physischer Beschwerden. Im Gegensatz dazu findet sich beim Mann kein plötzlicher Verlust der Leydigzellfunktion. Aufgrund der langsam abnehmende Testosteronproduktion und der damit einsetzenden klinischen Symptomatik ist es viel schwieriger, die Veränderungen beim alternden Mann zu diagnostizieren und dementsprechend zu therapieren. Aus diesem Grund sollte man die Terminologien „männliche Menopause“, „männliches Klimakterium“ oder auch „Andropause“ nicht verwenden. Der deskriptive und sicherlich für dieses Krankheitsbild zutreffendste Terminus ist der im englischen Sprachraum verwendete Begriff „Androgen Decline in the Aging Male“ (ADAM) oder „Partielles Androgendefizienzsyndrom beim Alternden Mann“ (PADAM), bzw. Late Onset Hypogonadism (LOH).
Wie auch immer das klinische Bild benannt wird, das Androgendefizit beim alternden Mann ist ein Hauptinteressensgebiet der Andrologie, wird aber auch von der Laienpresse gerne als Lifestyle Thema aufgegriffen. Der Wissensstand beim Hypogonadismus des alternden Mannes ist nach wie vor sehr gering und genaue Richtlinien für die Therapie desselben sind rar. In den folgenden Abschnitten wird sowohl auf die Indikationsstellung als auch die verschiedenen Substitutionsmöglichkeiten eingegangen.

Androgenabnahme beim Alternden Mann

Biochemische Veränderungen:
Die Testosteronsynthese im Hoden des Mannes beträgt normalerweise zwischen 6 und 8 mg pro Tag. Mit zunehmenden Alter nehmen die Serumtestosteronspiegel sukzessive ab, allerdings gibt es noch keine altersspezifischen Testosteron-Normwerte . Der Beginn, die Geschwindigkeit und die Ausprägung dieser Androgenabnahme sind variabel. Als grobe Schätzung kann man annehmen, daß sich das Serumtestosteron ab dem 50. Lebensjahr um ungefähr 1% pro Jahr verringert. Zusätzlich verflacht die zirkadianen Testosteronrhythmik mit zunehmenden Alter und die morgendlichen Testosteronspitzen sind nicht mehr so ausgeprägt.
Aufgrund der bisherigen Messungen weiß man, daß ungefähr 7% der Männer unter dem 60. Lebensjahr, aber mehr als 20% der Männer über dem 60. Lebensjahr an einem Hypogonadismus leiden (Gray et al. JCEM 73:1016; 1991). Dies würde bedeuten, daß ein nur geringer Teil der männlichen Bevölkerung an PADAM leidet. Das muß nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen, da mit zunehmenden Alter auch die Spiegel von sexualhormonbindenden Globulin (SHBG) zunehmen und damit die Konzentration das bioverfügbaren Testosterons abnimmt.

Hormonelle Abklärung

Bei Patienten, bei denen ein Hypogonadismus vermutet wird, sollten folgende Untersuchungen durchgeführt werden:
1. Zwei Serumtestosteronwerte sollten in der Zeit zwischen 7.00 Uhr und 10.00 Uhr vormittags an 2 verschiedenen Tagen ermittelt werden. Der beste Parameter dafür wäre das bioverfügbare Testosteron (freies und albumingebundenes Testosteron), da besonders beim älteren Mann die totalen Testosteronwerte nicht genügend aussagekräftig sein können.
2. Es sollte auch luteinisierendes Hormon (LH), follikelstimulierendes Hormon (FSH) und Prolaktin abgenommen werden. Bei jungen Patienten führen die Parameter von niederem Serumtestosteron und erhöhten Gonadotropinen zu der Diagnose des primären oder hypergonadotropen Hypogonadismus, welche ebenfalls mit entsprechender Testosteronsubstitution zu therapieren ist. Bei älteren Patienten ist dieses Krankheitsbild nicht so klar definiert und zusätzliche Laborparameter wie zum Beispiel die Messung von sexualhormonbindenden Globulinen könnten evtl. die Interpretation von niederen Gesamttestosteronwerten erleichtern. Unbedingt sollte auch das prostataspezifische Antigen (PSA-Wert) bestimmt werden. Gleichzeitig mit einer adäquaten Rektaluntersuchung, sollte damit die Wahrscheinlichkeit ein Prostatakarzinom zu übersehen, minimiert werden.

Klinische Manifestation

Dem Urologen sind die Manifestationen der chirurgischen und chemischen Kastration für die Therapie des Prostatakarzinoms gut bekannt – Schweißausbrüche, Müdigkeit, Anämie, Gynäkomastie, Unruhe, etc.. Ein ähnliches Krankheitsbild – welches aber subtiler in der Ausprägung – entwickelt der Patient mit LOH oder PADAM. Es muß allerdings darauf hingewiesen werden, daß viele der körperlichen Veränderungen im Alter auch mit den Änderungen anderer Wachstumshormone zusammenhängen können: z. B. Wachstumshormon (GH), Epidermaler Wachstumsfaktor (EGF), Insulin Like Growth Factor (IGF), Melatonin, etc..
Generell können aber folgende Veränderungen dem PADAM zugeschrieben werden:

1. Libidoverlust und Verschlechterung der Erektilität, teilweise auch der nächtlichen Erektionen.
2. Psychische Veränderungen mit begleitender Abnahme der physischen und intellektuellen Aktivität, Abgeschlafftsein, Depression und zunehmende Reizbarkeit.
3. Anämie.
4. Abnahme der Körperbehaarung und Hautveränderungen, Verminderung der Muskelmasse und der Leistungsfähigkeit.
5. Abnahme der Knochenmineralisation, welche in osteoporotischen Frakturen resultieren können, Zunahme des viszeralen Fettes.

Patienten, die diese Krankheitsbilder schildern, bzw. mit entsprechenden Symptomen zum Urologen kommen und hypogonadale Laborparameter aufweisen, können als Kandidaten für eine Androgensubstitution angesehen werden.

Androgensubstitutionstherapie

Die adäquate Androgen-Substitution bei hypogonadotropen Krankheitsbildern des Mannes stellt eine pharmakologische Schwierigkeit dar, da einerseits eine Langzeittherapie notwendig ist, andererseits die Halbwertszeit von Testosteron im Serum mit etwa 13 Minuten sehr kurz ist. Die beiden Konsensuskonferenzen die 1991 zu diesem Thema einberufen wurden kamen zu dem Schluß, daß das Ziel einer Androgensubstitution die Erreichung von Testosteronserumkonzentrationen im physiologischen Bereich sein muß. Die Anforderungen für eine ideale Testosteronsubstitution ist allerdings folgende:
sie sollte das zirkadiane Sekretionsmuster des endogenen Hormones haben, eine Bereitstellung von physiologischen Konzentrationen – nicht nur von Testosteron, sondern auch von dessen Metaboliten, wie das Dihydrotestosteron (DHT) und Östradiol (E2) und es sollte gut verträglich, komfortabel in der Applikation und billig sein

Zusammenfassung

Letztendlich muss festgestellt werden, dass die Androgenersatztherapie für Patienten sinnvoll ist, die unter einem klaren hypogonadalen Krankheitsbild leiden (z. B. Langzeittherapie von Patienten mit Klinefelter Syndrom. Eine kontroverse Diskussion besteht um die Testosteron-Ersatztherapie beim alternden Mann mit grenzwertig erniedrigten Testosteronwerten und erektiler Dysfunktion. Erste Ergebnisse zeigen, dass diese Ersatztherapie zu einer Verbesserung des Körper-Fettindexes, weiters zu einer Verbesserung der Muskelkraft, der Libido, des Antriebes und auch eine Osteoporosevorbeugung führt, ohne einen signifikanten Effekt auf die Prostatagröße zu haben. In erhöhter Dosierung können Androgene als Kontrazeptivum für den Mann verwendet werden – allerdings stellen diese Substanzen noch eine experimentielle Therapieform dar.
Die genaue Indikationstellung und die Wahl des richtigen und auch praktikabelsten Androgens stellt nach wie vor eines der interessantesten Themen der Andrologie dar. Das zunehmende Interesse läßt auch auf die entsprechenden klinischen Studien hoffen.

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